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Schulchronik von Etzenrot

In der Zeit der Reformation wurde die Forderung laut, allgemeine Schulen für Jungen und Mädchen einzurichten. Grundlegend ist Martin Luthers Schrift “An die Ratsherren aller Städte deutschen Landes“, dass sie christliche Schulen aufrichten und halten sollen (1524). Diese Forderung fand naturgemäß in den protestantischen Landesstellen Gehör, also in den meisten evangelischen Reichsstädten und Fürstentümern.

Im Mittelalter waren die Klöster lange Zeit die einzigen kulturellen Zentren. In den Klosterschulen lernten vor allem die Knaben aus adligen Familien lesen und schreiben und erwarben sich Grundkenntnisse in Latein. Mit dem Aufblühen der Städte und dem Aufstieg des Bürgertums im Hochmittelalter entstanden städtische Schulen, die den Bildungsbedürfnissen dieser neuen sozialen Schicht Rechnung trugen. Diese Stadtschulen waren echte “Gesamtschulen“, in denen Patrizier- und Handwerkerkinder zusammen lernten und die, dank eines breiten Stipendienwesens, auch begabte Kinder aus der Unterschicht aufnahmen. Die Landbevölkerung war bis zur Reformation des Lesens und Schreibens unkundig. Das für sie Bewältigung der politischen und wirtschaftlichen Aufgaben notwendige Wissen wurde von Generation zu Generation mündlich überliefert.

So nahm das Schulwesen im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation einen großen Aufschwung. Die Festigung der neuen bzw. die Verteidigung der alten Lehre machte den Katechismusunterricht erforderlich. Damit entstanden die Dorfschulen, in denen Bauernkinder lesen, schreiben und etwas rechnen lernten und vor allem ausführlichen Religionsunterricht erhielten.

1754 wurde in der Markgrafschaft Baden in Karlsruhe für Jungen und Mädchen vom 6. bis zum 12./13. Lebensjahr ganzjährig die Schulpflicht eingeführt.

Im 17. Jahrhundert gab es im Stab Reichenbach, zu denen auch die Orte Busenbach und Etzenrot gehörten, keine Schule. Es waren Filialorte der Pfarrei Ettlingen und dorthin mussten die Kinder laufen. So betrachteten viele Eltern die Schule mehr als Last, denn als Gewinn. Nicht nur wegen der Strapazen im Winter, sondern sie vermissten auch die Arbeitskraft ihrer Kinder.

Im Jahr 1739 gab es in Busenbach nachweislich ein Schulhaus, das wohl auch Etzenroter Kinder besuchen konnten. Die Unterrichtszeit war mehrheitlich im Sommer ausgespart, erst im 18. Jahrhundert wurde sie auf die Sommerzeit ausgedehnt.

Im 30-jährigen Krieg (1618-48) war auch Etzenrot zerstört worden. Nur 2 Familien hatten überlebt. Danach besiedelten Einwanderer aus der Schweiz und aus Tirol das Gebiet. Aber der Bau der “ Ettlinger Linien“ (1734) und der einer Straße gegen französische Feinde, zerstörte das bebaute Ackerland und den Wald. Hierdurch gerieten die Etzenroter Bauern in Armut. Als Händler und Fuhrleute verdienten sie kaum etwas und machten immer mehr Schulden. Am 3. März 1800 erhielt Markgraf Karl Friedrich von Baden eine Bittschrift, worin die Einwohnerschaft des Albtaldorfes Etzenrot kniefälligst um die gnädige Konzession bat, ihre ganze Markung verkaufen, den Erlös gleichheitlich verteilen und einzeln im Land, dort wo man sie einlassen wird, sesshaft machen zu dürfen. Die Bittschrift war unterschrieben von dem Schultheißen Anderer und zwei Gerichtsleuten. Viele hatten Schulden, doch bei Weitem nicht alle wollten ihr Dorf verkaufen.

Mit großer Unterstützung des Oberamtmannes Odenwald und einer zweiten Bittschrift von 18 der 30 Bürger von Etzenrot fragten sie an, “ob und durch welche Mittel es möglich gemacht werden könne, dass durch Vermehrung der Ackerbauer, Beförderung der Viehzucht und durch Industrie der Wohlstand der Gemeinde zurückgeführt werden könne.“ Außerdem unterbreiteten sie dem Fürsten den Vorschlag, er möchte der Gemeinde den Verkauf eines größeren Waldgebietes gestatten. Dieser Vorschlag fand Gnade.

Nach einem langen halben Jahr des Wartens wurde der Gemeinde erlaubt, 100 Morgen Wald um 40 000 Gulden an die Staatsdomäne zu verkaufen. Allerdings war daran die bittere Bedingung geknüpft, dass die Zahl der Bürger von 30 Familien auf 20 herabgesetzt werde. Zehn Familien mussten also Etzenrot verlassen.

Reichtümer gab es in den kommenden Jahrzehnten in Etzenrot nicht zu sammeln. 1810 siedelten 143 Bewohner in Etzenrot, im Jahr 1834 zählte man 249.

Die Schulraumnot wurde in Etzenrot immer größer. Es muss schon eine “kleine Schule“ im Gasthaus “Alter Hirsch“ mit Lehrerwohnung gegeben haben. Eine Kreisschulvisitatur aus dem Jahre 1838 vom Großherzoglichen Bezirksamt in Ettlingen: “ Das Schulzimmer wie die Wohnung des Lehrers sind beschränkt und wird sohin die Vergrößerung und die Erweiterung des Schulhauses oder die Erbauung eines neuen nothwendig, zumal ein Lehrer mit Familie in dem wirklichen Schulhaus nicht untergebracht werden könnte.“

Aus alten Akten des Gemeindearchivs geht auch dieses hervor: “Die Gemeinde Etzenroth soll einen Schulgarten anlegen.“ (4ten August 1835). Er soll hinter der ehemaligen Sparkasse angelegt gewesen sein.

Laut dem zeitgenössischen “Universallexikon vom Großherzogtum Baden“ hatte Etzenrot um 1840 “ in 34 Häusern neun evangelische und 240 katholische Einwohner, welche von Feld- und Wiesenbau und von Viehzucht leben und meistens arm sind.“

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeinde waren also keineswegs rosig; Dennoch entschloss sie sich ohne langes Zögern und wohl im Vertrauen auf staatliche Unterstützung zur Errichtung eines Neubaus. Im Sommer 1841 muss das neue Rat- und Schulhaus fertig gewesen sein. Der Bau war auf insgesamt 5 454 Gulden und 26 Kreuzer veranschlagt. In 2 Räumen wurde alle Kinder des Dorfes unterrichtet.

Nachdem noch 1954 eine Klasse in den “Straußensaal“ ausgelagert war und die Schülerzahl weiter rapide stieg, konnten die Verantwortlichen einen Schulhausneubau nicht mehr zurückstellen.

Der Platz an dem die neue Schule erbaut werden sollte, war Gegenstand einer lebhaften Diskussion in einer Bürgerversammlung im Januar 1958. Bürgermeister Anderer schlug zwei gemeindeeigene Plätze vor, neben der Kirche und unterhalb des neuen Sportplatzes. Da beides Waldstücke waren, wurden diese Plätze abgelehnt. Auch ein Privatgrundstück zwischen “Altem Hirsch“ und Lehrerwohnhaus kam ins Gespräch.

Der Beschluss des Gemeinderates vom Mai 1958 musste letztendlich noch 3 Jahre auf Verwirklichung warten. Im Sommer 1959 war ein Gelände gefunden, die Umlegung durchgeführt, das Landratsamt hatte die Pläne zum Neubau genehmigt, die Gemeinde in das Zuschussprogramm zum Schulhausneubau aufgenommen, da schossen zwei Grundstücksbesitzer quer und reichten Klage beim Verwaltungsgericht ein. Die Entwicklung war nun gebremst.

Inzwischen wurden 100 Schüler von 2 Lehrern in zwei Klassenräumen unterrichtet mit gewaltigem Unterrichtsausfall bis zu 30 %. Ein dritter Lehrer konnte wegen Raummangels nicht eingestellt werden. Über Unterricht im Saal des Gasthofes “Zum Strauß“ und in einer Baracke auf katholischem Pfarrgrund wurde nachgedacht.

Endlich, am 23.01.1960, begannen die Ettlinger “Dickhäuter“ (Civilian Labor Group) mit den Erd-arbeiten am abgeholzten Waldeck bei der Kirche. Und am 15.September 1961 feierten die Gemeinde und die beteiligten Handwerker das Richtfest. Ein Jahr später, am 1.September 1962, konnte Bürgermeister Anderer das vom Architekten Kaufmann konzipierte Gebäude an Schulleiter Koch mit einer Einweihungsfeier und vielen Gästen übergeben. Schulbeginn nach den Sommerferien war der 4.September. Mit großer Freude und Erleichterung, besonders der Lehrer, nahmen die inzwischen 123 Schüle ihr neues Schulhaus in Besitz. Es wurde vor allem die Bauweise, die gut geplanten Räume und Einrichtungen und Ausstattungen gelobt.

In den folgenden Jahren stellte Bürgermeister Anderer nicht nur seine schulfreundliche Weitsicht unter Beweis, sondern ergriff auch Maßnahmen, das Umfeld der Schule entsprechend abzusichern. Denn immer noch war es nicht einfach, qualifizierte Lehrkräfte in dem kleinen Örtchen sesshaft zu machen und sie in das dörfliche Leben zu integrieren. Im Bau eines zweiten Lehrerhauses- einem schmucken zweieinhalbstöckigen Gebäude Ecke Hansjakob- und St.Bernhardstraße- sah er die logische Konsequenz.

Die Einwohnerzahl Etzenrots war 1961 auf 1036 gestiegen. Im Schulhaus wurden alle Klassen unterrichtet. Mit der Gemeindereform 1971 und der Fusion der 3 selbständigen Gemeinden Etzenrot, Busenbach und Reichenbach zu Waldbronn, verlor Etzenrot seine Hauptschüler an Reichenbach. Die Schule war nun Grundschule und Förderschule. 1974 kamen die Förderschüler nach Ittersbach.

Die Waldschule blieb und ist Grundschule des Teilortes Etzenrot von Waldbronn.

Verwendete Quellen: Schulchronik von Ingeborg Jörg vom Juni 2013
Archiv Etzenrot
Waldbronn- Geschichte seiner Dörfer; von Rolf Weber
Sammlung von BNN-Veröffentlichungen von H.-L. Zöllner

Leiter der Etzenroter Schule* ab 1945:

1945 Schulleiter Adolf Litz
1946 – 1947 Schulleiter Hans Leopold Zollner
1948 – 1952 Schulleiter Adolf Litz
1952 – 1954 Schulleiter Andreas Melischko
1954– 1985 Schulleiter Raimund Koch
1986 – 2002 Rektorin Ingeborg Jörg
2002 – 2010 Rektorin Carmen Eckert
2010 – 2012 kommissarische Schulleiterin Ina Berger
Seit 1. August 2012 Rektorin Ruth Csernalabics

* Ab 13.04.1972 “Waldschule Etzenrot“